TACE, ORA ET LABORA 

Helga Elsner Torres (PE)



„Wilhelm, sie sind keine angenehmen Hausgenossen!“, sagte Erna Gretzer, als sie ihren Mann im Jahr1900 aufgeforderte die 32 Mumien aus ihrem Haus zuräumen. Insgesamt wurden im Haus Gretzers ca. 28 000 Gegenstände in drei Zimmern gelagert, die als private Ausstellungsräume dienten.

In dieser Videoarbeit unterhalten sich fünf deutsche Auswander*innen, die in Peru Großgrundbesitzer*innen geworden sind: Johannes Gildemeister, Wilhelm Gretzer, Erna Gretzer, Otto Elsner und ein Ehrengast, der Kulturmäzene Arthur Bässler. Sie treffen sich im Norden Perus, wo die meisten von ihnen wohnen. Die Auswander*innen widmen sich, neben Land- und Textilwirtschaft, in ihrer Freizeit der Archäologie und dem Sammeln von altperuanischen Kulturgütern. Diese Arbeit verdeutlicht, unter welchen Umständen die im Humboldt Forum ausgestellten Gegenstände aus Peru nach Europa gebracht worden sind.
Wer sammelte sie und wie?

Wilhelm Gretzer, Besitzer der größten peruanischen Sammlung des entsprechenden Kulturprojektes und „(...) wahrscheinlich die größte Zusammentragung altperuanischer Grabbeigaben (...), die jemals in einer Hand getätigt worden ist“ (Deimel, Claus; Jahrbuch der staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen, S. 91, Berlin, 2007), konnte seine Sammlung anlegen, weil er geschäftliche und freundschaftliche Beziehungen zu Zuckerplantagenbesitzern bzw. Gildemeister pflegte. Gretzer ließ hierbei die Ausgrabungen von Eingeborenen im Norden Perus durchführen und vermied Behörden, um die Kulturgüter nach Deutschland liefern zu können.

Die Unterhaltung der fünf Deutschen wird durch eine kurze Animation unterbrochen. Diese setzt sich aus fotografischen Archiven der Zuckerplantage Gildemeisters zusammen und weist auf den Widerstand der Arbeiter hin, bzw. auf die Folgen der Ausbeutung und des Machtmissbrauchs der kolonialen Beziehungen. Ein Zeichen dafür ist beispielsweise eine Inschrift an einem Uhrenturm, die während der Herrschaft Gildemeisters am Eingang der entsprechenden Zuckermühle stand. Sie lautete „Tace, ora et labora“, was bedeutet: „Schweig, bete und arbeite“.

In Berlin zeigt sich dies durch das Ausstellen von ausländischen Kulturgütern, die aus unerklärlichen Gründen von Deutschen ergattert wurden und als deutscher Besitz ausgestellt werden.
Geht es darum ein altes koloniales Machtverhältnis wieder durchzusetzen?

Helga Elsner Torres (Lima, 1989) hat ihr Studium der Malerei und der Bildenden Kunst an der Universidad Católica del Perú und am Institut für Kunst im Kontext der Universität der Künste Berlin abgeschlossen. Sie entwickelt soziale Kunstprojekte mit Kindern in Lima und im Amazonas-Regenwald, sowie in Deutschland in Verbindung mit NGOs, Schulen, Museen und mit anderen Künstlerinnen und Künstlern.
www.helgaelsner.com




Tace, ora et labora- Dreharbeiten am 22. und 23.11.2019 an der Universität der Künste Berlin

Cast: Patrick Güldenberg, Julian Trostorf, Michael Baderschneider, Anna Heidegger und Malte Yamamoto.







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